Französische Alltagsprodukte in Deutschland. Interview mit Fanny Servasier.
Brioche, Foie Gras, Madeleines und Vinaigrette – die französische Küche ist voller Köstlichkeiten, bei deren reiner Erwähnung einem schon das Wasser im Munde zusammenläuft. Aus der Erkenntnis, dass viele Deutsche auch nach dem Frankreichurlaub gerne in kulinarischen Erinnerungen schwelgen bzw. in Deutschland lebende Franzosen nicht auf ihre Lieblingsprodukte verzichten möchten, hat Fanny Servasier eine Geschäftsidee gemacht. In ihrem Online-Shop unter www.mescoursesenfrance.com vertreibt sie französische Spezialitäten direkt aus Frankreich – französisches Flair inklusive…
Im Rahmen der Blogparade Frankreich erzählt uns Frau Servasier im Interview von der schwierigen Lieferantensuche, von kritischen Deutschen und langen französischen Supermarktregalen…

Fanny Servasier betreibt unter www.mescoursesenfrance.com einen Online-Shop für französische Alltagsprodukte und Spezialitäten | Foto: Fanny Servasier
Frau Servasier, Sie betreiben mit mescoursesenfrance.com einen Online-Shop für französische Produkte. Wie sind Sie auf die Idee für diesen Shop gekommen?
Die Idee dazu bekam ich im Frühjahr 2012. Ich wohnte damals in Mannheim und fuhr jeden zweiten Monat nach Straßburg, um meine Vorräte an französischen Produkten aufzustocken. Doch ich wusste, ich würde bald nicht mehr so schnell ins Elsass rüberfahren können, denn ich sollte nach Leipzig umziehen! Da ich ein großer Anhänger von Online-Einkäufen bin, habe ich mich im Internet nach geeigneten Geschäften umgesehen, doch ich war von den Anbietern französischer Produkte nicht gerade begeistert: Wahnsinnspreise, abschreckende Versandkosten, schlecht gestaltete Homepage … Ich kam also auf die Idee, mein eigenes Angebot aufzustellen und es ging mir fortan nicht mehr aus dem Gedächtnis.
So ein Shop ist ja ein durchaus komplexes Projekt. Was haben sie denn beim Aufbau des Shops als größte Herausforderung empfunden?
Die größte Herausforderung war, die richtigen Lieferanten zu finden, das war nicht so einfach! Ich habe Kontakt mit ca. 50 Unternehmen aufgenommen, bevor ich interessante Angebote bekommen habe. Oft war das Problem, dass Lebensmittelhersteller (egal ob große Marken oder kleine regionale Hersteller) keinen Vertrag abschließen wollten, wenn ich nicht sehr große Mengen bestelle. Aber für einen kleinen Online-Shop ist das natürlich nicht möglich. Ich hatte das Glück, dass einige Hersteller sich einfach in mein Projekt verliebt haben!
Zu den größten Problemfeldern im Lebensmittelhandel gehört das Handling von Mindesthaltbarkeitsdaten. Wie gehen Sie damit in Ihrem Shop um?
Ich verkaufe hauptsächlich Produkte, die ein recht langes Mindesthaltbarkeitsdatum haben (teilweise bis zu mehreren Jahren), wie z. B. Trockenprodukte und Getränke, ein Teil davon hat ein eingeschränktes MHD. Mescoursesenfrance.com garantiert, dass alle Produkte nach Lieferdatum und bei geeigneter Aufbewahrung mindestens noch eine Woche haltbar sind, es sei denn, es ist eindeutig anders angegeben. In der Produktbeschreibung gibt es einen Hinweis auf das MHD, meistens schon 2 Wochen vor seinem Ablauf. Die Preise werden entsprechend reduziert (manchmal sogar auf 0,00 EUR reduziert), wenn die Frist kürzer als 1 Woche ist.

In ihrem Online-Shop bietet Fanny Servasier nicht nur französische Spezialitäten, sondern auch klassische französische Alltagsprodukte an.
Was für Maßnahmen ergreifen Sie, um Ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten? Was bekommen Ihre Kunden, was sie in anderen Shops nicht bekommen?
Mescoursesenfrance.com ist ein Online-Lebensmittelshop, der ein umfangreiches Sortiment an französischen Produkten anbietet, die man sowohl im Supermarkt als auch in Feinkostläden finden kann. Die meisten Online-Shops für französische Lebensmittel bieten nur Feinkost an. Mein Ziel ist als erstes, den Zugang zu Alltagsprodukten zu erleichtern – für deutsche Liebhaber von französischen Spezialitäten und für alle Franzosen, die wie ich in Deutschland leben. Darüber hinaus bin ich sehr nah an meinen Kunden, ich versuche ihre Fragen schnell zu beantworten und mit einigen guten Kunden habe ich eine sehr freundschaftliche Beziehung, genauso, als würde ich einen realen Shop betreiben.
Als Französin in Deutschland haben Sie doch sicher einen guten Blick für die Unterschiede: Wodurch unterscheiden sich deutsche Online-Shopper Ihrer Meinung nach besonders von denen in Frankreich?
35% meiner Kunden sind Deutsche und dieser Anteil steigt ständig. Ich merke Unterschiede zwischen den Franzosen und den Deutschen, das stimmt! Die deutschen Online-Shopper achten mehr auf die Mängel in meinem Shop! 🙂 Es war am Anfang ein bisschen frustrierend, aber es hat mir sehr geholfen, schnell rechtliche oder inhaltliche Fehler zu identifizieren und zu korrigieren. Ein großer Unterschied liegt auch in der Auswahl der Art der Bezahlung: die deutschen Kunden zahlen gerne per Überweisung, während die Franzosen eher per Kreditkarte zahlen wollen.
Sie bewegen sich mit ihrem Spezialitätenhandel in einem der wenigen Lebensmittel-Segmente, die auch in Deutschland ganz gut über das Internet funktionieren. Ansonsten ist der deutsche Lebensmittelmarkt ja noch quasi inexistent – ganz im Unterschied zu Frankreich, wo inzwischen jeder fünfte Internetnutzer online auch Lebensmittel kauft. Haben Sie selber auch als Kundin in Frankreich Erfahrungen mit dem Online-Lebensmitteleinkauf gemacht?
Meine erste und einzige Erfahrung mit dem Online-Lebensmitteleinkauf in Frankreich war während meiner Sommerferien in der Provence letztes Jahr. Als großer Nutzer von Online-Einkäufen wollte ich es wenigstens einmal probieren, und Urlaub war eine gute Gelegenheit, da man die freie Zeit ohne Stress verbringen möchte – und französische Supermärkte können manchmal stressig sein, besonders Mitte August an der südfranzösischen Küste! Außerdem hatten wir vor, für den ganzen Urlaub Mineralwasser und andere Getränke zu kaufen, und es ist einfach super, wenn schwere Produkte direkt an der Tür geliefert werden!
Wir konnten ein Zeitfenster für die Lieferung auswählen und der Anlieferer war pünktlich da, es hat alles wunderbar geklappt, die Prozesse sind dort tatsächlich sehr eingespielt.
Was ist Ihre ganz persönliche Einschätzung? Glauben Sie, dass solche flächendeckenden Konzepte auch in Deutschland Erfolgsaussichten haben?
Schwer zu beantworten… Ich glaube, die Einkaufsgewohnheiten sind in Frankreich und Deutschland sehr unterschiedlich. In Frankreich kauft man in riesigen Supermärkten ein, wo man die Auswahl zwischen um die hundert Joghurtsorten hat, man kann sich schnell zwischen den Regalen verlieren und die Wartezeit an der Kasse kann lange dauern. Dank der Online-Supermärkte geht das Einkaufen schneller und stressfrei.
In Deutschland sind die Supermärkte vergleichsweise sehr klein und man findet schnell alles, was man braucht. Der Bedarf an Möglichkeiten, das Einkaufen zu vereinfachen ist nicht so hoch wie in Frankreich, und es lohnt sich dann nicht für einen deutschen Kunde, online einzukaufen, denn der Preis ist höher: Lebensmittel online einkaufen ist häufig 10 bis 15% teurer als im Supermarkt.
Sie sagen selbst, die französischen Supermärkte sind riesig und bieten eine gigantische Auswahl. Wie wählen Sie die Produkte für MesCoursesenFrance.com aus?
Um der Nachfrage gezielt nachzukommen, hielt ich es für das Beste, zunächst die betroffenen Personen, also die anderen französischen „Auswanderer“, die in Deutschland leben, zu fragen, welche Waren (nicht nur Lebensmittel) sie in ihrem neuen Alltag am meisten vermissen. Mit Hilfe ihrer Antworten konnte ich eine Liste von herkömmlichen Produkten und Feinkostprodukten aufstellen, welche ich mit meinen persönlichen Favoriten und zusätzlichen regionalen Spezialitäten ergänzt habe. Das Sortiment besteht also sowohl aus handelsüblichen Markenprodukten wie auch aus erlesenen Köstlichkeiten für Gourmets.

Gibt’s so nur in Frankreich: Carambar Caramel. | Foto: Fanny Servasier
Bretonische Kekse, Foie gras, Carambars, Tapenade, Crêpes und noch viel mehr!
Herzlichen Dank für das Interview, Frau Servasier!
- On-Off-Noline? Die Zukunft des Commerce - 31. März 2020
- Wie viele Sprachen hat Europa? - 26. September 2016
- Kunst, Kultur und kleine Unterschiede: Das E-Book zur Blogparade Spanien - 5. Mai 2014